Gerade noch war es ein Jammertal. Der Laden an der Ecke. Gebrauchte Klamotten hingen bei liebloser Beleuchtung und verwahrlostem Gesamteindruck auf Kleiderbügeln
und der Geruch des "gebrauchtem" stieg einem beim betreten des Geschäfts unangenehm in die Nase. Wer hier reinkam wusste, dass es desswegen war, weil das Budget keinen anderen Einkauf erlaubte. Allerdings: Je mehr die Billigklamottenkonzeren Massenware zu erschwinglichen Preisen rauswarfen, was zunächst äusserst verführerisch war, desto mehr sah man sich als Kunde mit dem Umstand konfrontiert auf einer Party dann schon mal mit dem selben Kleid wie die Dame da drüben dazustehen.
Und wie jede Bewegung eine logische Gegenbewegung entwickelt, entstand daraufhin, erst schleichend, Tendenz steigend, die "Bewegung VINTAGE". Angekurbelt aus Kreativmetropolen wie New York oder Berlin fingen vorallem junge, modebewusste Leute wieder an, nach dem speziellen einen Stück zu suchen. Den der Individual-Kult endet ganz bestimmt nicht im Kleiderschrank. Im Gegenteil! Humana verstand diese Verschiebung der Tektonik geschickt für sich zu nutzen. An hippen Orten der Stadt, dort wo die kreative Szene zuhause ist, benannte und brandete man die traurigen Humana-Läden "Humana VINTAGE". Die Auslagen wurden mit den originellsten Teilen ausgestattet und verrückt kombiniert. Dazu schrille Poster mit Branding. Die Innendeko wurde geändert. Aus ausrangierten, halbnackten Schaufensterpuppen wurden schnittige Pin-up-Girls, aus fahler Hintergrundmusik wurde extrem laute Clubmukke und am allerwichtigesten: das gesamte Team wurde ausgetauscht. Nun stehen Studenten aus den Kunstakademien - selbst die besten Kunden des Ladens - zum dazuverdienen in den Stores und sind der beste Beweiß, dass Vintage einfach stylisch ist und sexy aussieht.
Mit steigender Nachfrage verteuerte sich natürlich auch das Angebot und heute kosten die gleichen Klamotten, die vor 3 Jahren noch armselig anmuteten, das 5-fache und sind plötzlich der absolute Renner. Junge, schicke Menschen bevölkern die Läden und kaufen alte Trainingshosen, viel zu grosse Freizeitjacken aus den 80iger Jahren, Acrylpullis mit Fledermausärmeln und Schottenröcke und zahlen dafür viel Geld. Nicht ganz soviel wie bei Gucci zwar, aber ganz dem Guccitrend entsprechend wird dann alles wild und sorglos miteinander kombiniert und selbstbewusst getragen. Was vor ein paar Jahren depremierend war ist plötzlich en vogue.
Es muss einfach nur die Inszenierung stimmen. Rezept in diesem Fall: Zeitgeist + Inszenierung macht gute Kundschaft. Ganz nach dem Marketinggesetz: Der Wurm muss dem Fisch und nicht dem Fischer schmecken. Auch das ist Positionierung.